Kollegiale Hospitationen

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Gemeinsam Unterricht verbessern

Beim Stichwort „Unterrichtsbesuche“ kommen häufig Erinnerungen an große Unterrichtsbesuche, Unterrichtsprüfungen oder Schulinspektionen, die die Unterrichtsqualität erfassen und bewerten. Gerade die Unterrichtsbesuche während des Referendariats verbinden viele Lehrkräfte noch lange mit Druck, Stress, Unsicherheit und manchmal auch Angst (dazu empfehlen wir auch unseren Beitrag zur Lehrergesundheit). In diesem Beitrag stellen wir Euch kollegiale Hospitationen vor, bei denen solche negativen Emotionen keine Rolle spielen. Vielmehr steht im Vordergrund, sich mit Kolleg:innen in einer professionellen Atmosphäre über Unterricht auszutauschen, Stärken hervorzuheben, zu verstärken und gemeinsam einen guten Unterricht zu entwickeln. Leitgedanke der kollegialen Hospitation ist dabei ein Austausch, der auf kollegiale Erfahrungsprozesse, Freiwilligkeit und Einladung, (be-)wertungsfreie Beobachtung und Zielorientierung setzt. In diesem Artikel bringen wir Dir den Grundgedanken der kollegialen Hospitation näher.

Kollegiale Erfahrungsprozesse

Ein Großteil des Unterrichts an deutschen Schulen wird durch eine Lehrkraft vorbereitet, durchgeführt, evaluiert und weiterentwickelt. Ein Austausch über diese Prozesse findet manchmal im Kollegium in einem privaten Gespräch zwischen zwei Stunden statt. Dies ist wichtig, damit sich Kolleg:innen beraten können und sich z.B. bei der Bewältigung schwieriger Elterngespräche Halt geben können. Es erfüllt damit eine wichtige Funktion im schulischen Miteinander des Lehrer:innenalltags. Im eigenen Unterricht fallen einem Punkte auf, bei denen man nur eine Ahnung hat, dass man sie verbessern könnte. Häufig fehlt aber während des Unterrichtens die (zeitliche) Kapazität, Prozesse im Unterrichtsgeschehen genau wahrzunehmen und für eine anschließende Reflexion aufzubereiten. Denn gleichzeitig muss ja auch noch unterrichtet, unterstützt, diszipliniert, geschlichtet und gelobt werden.

Bewertungsfreie Hospitation

Bei der kollegialen Hospitation steht im Mittelpunkt, dass Kolleg:innen eigene Beobachtungen machen und den Unterricht von Kolleg:innen erleben können, über den dann ein Austausch stattfindet. So könnt ihr bestimmte Beobachtungsfokusse in den Blick nehmen. Der Vorteil: Die hospitierenden Kolleg:innen können sich während des Unterrichtes auf das Beobachten fokussieren, die Lehrkraft sich auf ihren Unterricht. Das ist eine große Chance! Abseits von einigen verpflichtenden Unterrichtsbesuchen kommt es im Berufsalltag selten vor, dass man eine professionelle Rückmeldung zu seinem Unterricht bekommt. Diese kann aber dabei helfen, den eigenen Unterricht weiterzuentwickeln und mit der eigenen Arbeit zufriedener zu sein.

Grafik zu kollegialen Hospitationen

Ein besonderes Merkmal dieser Form der Unterrichtsbesuche ist, dass es keinerlei Bewertung gibt, da kollegiale Hospitationen auf Augenhöhe stattfinden. Der Zweck der kollegialen Hospitation liegt darin, dass das Wahrnehmungsspektrum breiter ist, auf dessen Grundlage Unterrichtsentwicklung stattfindet. Die hospitierenden Lehrkräfte erweitern das Spektrum, da sie während des Unterrichts nur in Bezug auf einen Beobachtungsfokus ein Unterrichtsprotokoll anfertigen.

Guter Unterricht als Inspirationsquelle

Die hospitierenden Lehrkräfte erhalten die Möglichkeit, den Unterricht eines:r Kolleg:in zu erfahren und dabei Inspiration zu sammeln. Die beratenden Lehrkräfte können z.B. Reflexionsimpulse für den Unterricht erhalten. Kollegiale Hospitationen bieten also durch Kooperation die Möglichkeit, dass alle Beteiligten etwas voneinander lernen können.

Aufbau von Hospitationsgruppen für kollegiale Hospitationen

Hospitationsgruppen können entweder verpflichtend gemacht werden oder sie werden auf freiwilliger Basis von interessierten Kolleg:innen gebildet.

Du hast Lust, selbst eine Hospitationsgruppe zu eröffnen? Frag einfach Kolleg:innen, ob sie sich mit Dir zu einer Gruppe zusammenschließen wollen. Legt dann zunächst Eure Erwartungen (Themen, Zyklen, Anzahl der Besuche, …) fest und startet einen Durchlauf. Eine weitere Person kann z. B. das Nachgespräch moderieren und an Gesprächs- und Feedbackregeln erinnern. Dies kann eine wertvolle Rolle sein, insbesondere wenn Ihr die Hospitationen das erste Mal durchführt. Nach dem ersten Durchlauf habt Ihr die Möglichkeit, Euren Hospitationsprozess zu evaluieren. Was ist gut gelaufen, worauf müssen wir bei einem nächsten Durchlauf achten? Haben sich Erwartungen erfüllt?

Ihr könnt dann im Lehrer:innenzimmer oder bei einer Schulkonferenz von Euren Erfahrungen berichten. Vielleicht haben jetzt auch weitere Kolleg:innen Lust, eine Hospitationsgruppe zu gründen. Ihr könnt diese Noviz:innen-Gruppe dann begleiten. Vielleicht teilt Ihr Eure Ursprungsgruppe sogar auf: In den neuen Gruppen sitzt dann jeweils eine erfahrene Lehrkraft. Sie kann den Prozess aufgrund der bereits gemachten Erfahrungen gut begleiten kann.

An manchen Schulstandorten ist es auch möglich, auch innerhalb verschiedener Schulen und Schulformen zu hospitieren. So kann der Zugewinn für die hospitierende Lehrkraft jeweils noch größer sein. Sie erhält nämlich einen Einblick in die technische Ausstattung und Schulkultur einer anderen Schule. Weitere EInblicke in den Ablauf kollegialer Hospitationen findet ihr in unserem zweiten Beitrag zum Thema.

Wie ist Deine Erfahrungen mit kollegialen Hospitationen? – Teil es uns gern unter diesem Beitrag mit oder erzähl uns davon bei Instagram oder Facebook! Gern kannst Du auch direkt Kontakt zu uns aufnehmen.

Literaturtipps

Brenk, Markus / Hidding-Kalde, Claudia (Hgg.) (2013): Gemeinsam über Unterricht und Schule nachdenken. Reflexives Lernen und kollegiale Hospitation. Berlin : Cornelsen Schulverlage, 1. Auflage.

Helmke, Andreas (2022): Unterrichtsqualität und Professionalisierung. Diagnostik von Lehr-Lern-Prozessen und evidenzbasierte Unterrichtsentwicklung. Hannover : Kallmeyer / Klett, 1. Auflage.

Kempfert, Guy / Ludwig, Marianne (2014): Kollegiale Unterrichtsbesuche. Besser und leichter unterrichten durch Kollegen-Feedback. Weinheim / Basel : Beltz Verlag, 3. Auflage.

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