Wie Stress zu Fehlentscheidungen im Schulalltag führt

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Lehrerinnen und Lehrer gehören zu der Berufsgruppe, die die meisten Entscheidungen in ihrem Arbeitsalltag treffen. Gefolgt werden sie von Fluglotsen. Viele dieser Entscheidungen nehmen wir gar nicht mehr wahr, weil sie oft unterbewusst, intuitiv getroffen werden. Ob ich Schülerin A oder Schüler B aufrufe, ist jedoch eine Entscheidung. Lehrerinnen und Lehrer treffen ca. 1000 solcher Entscheidungen täglich in der Schule. (Kretschmann 2012, S. 22)

Wie wir Entscheidungen treffen

Entscheidungen können auf zwei Arten getroffen werden: Rational und emotional. Letzteres ist das, was man landläufig als impulsives Handeln beschreibt. Je mehr man unter Stress steht, desto mehr Entscheidungen trifft man emotional. Dies ist ein Relikt aus der Steinzeit. In Gefahrensituationen hat man nur die Wahl zwischen Kampf oder Flucht. „Bei den Stressreaktionen handelt es sich um ganz normale Vorgänge, die den Organismus geistig, körperlich und psychisch für eine Such-, Flucht-, Angriffs- oder Verteidigungsreaktion präparieren.“ (Kretschmann 2012, S. 21) Stress ist per se also nichts Schlechtes. Das Lampenfieber ist beispielsweise auch eine Form von Stress. Hält er jedoch über längere Zeit an, dann ist er schädlich. Deshalb spricht man auch in der klassischen Stresstheorie vom Eustress, dem guten Stress, und Distress, dem Stress, der uns langfristig schadet.

Stress und Fehlentscheidungen als Teufelskreis

Wenn Lehrerkräfte die Entscheidung treffen, welchen Schüler oder welche Schülerin sie aufrufen, hat diese Entscheidung, wenn sie nicht optimal getroffen wurde, häufig eine geringe Konsequenz. Treffen sie jedoch im gestressten Zustand emotional Fehlentscheidungen von größerer Tragweite, dann sind damit häufig Zeitverlust und weiterer Stress verbunden. Dies führt wiederum zu weiteren emotionalen Fehlentscheidungen und Zeitverlust. Ein Teufelskreis beginnt. Dieser Teufelskreis kann nur durchbrochen werden, wenn man die größten Stressoren identifiziert und sie gezielt minimiert oder ausschaltet.

Was für Stress sorgt

Zu den größten Stressoren gehören:

  • zu wenige Pausen
  • prokrastinieren
  • zu wenig Schlaf
  • nicht NEIN sagen können
  • fehlende Trennung von Beruf und Privatleben 
  • Perfektionismus

Die Liste ließe sich noch beliebig ergänzen und die Stressoren sind je nach Person sehr unterschiedlich ausgeprägt.

Wie wir Stress bewältigen

Prinzipiell liegen Lösungsmöglichkeiten für das Abbauen von Stress in drei Bereichen, die untrennbar miteinander verbunden sind: Mindset, Zeit-/ Selbstmanagement und Stressbewältigung.

In den Bereich des Mindset gehören (vgl. Schaarschmidt, Fischer 2023, S. 96):

  • Probleme im Beruf offensiv angehen 
  • berufliche Ziele setzen
  • berufliches Selbstverständnis klären 
  • Umgang mit Gefühlen

Das Zeitmanagement besteht aus Punkten wie (vgl. Schaarschmidt, Fischer 2023, S. 109):

  • Termine mit sich selbst vereinbaren
  • Prioritäten setzen
  • Leistungskurve berücksichtigen
  • Pufferzeiten vorsehen
  • Delegieren und Kooperieren

Als letzter Baustein kann dann aktiv der Stress durch Strategien minimiert werden (Kretschmann 2012, S. 25):

  • Pausen setzen
  • Schlaf priorisieren
  • Entspannungstechniken
  • Sport treiben
  • durch eine ermutigende und akzeptierende Selbstkommunikation

Diese Schritte bedürfen eines Transformationsprozesses, der sich lohnt. Nur wenn Lehrerinnen und Lehrer gesund sind, können sie sich auch voll auf ihre Schülerinnen und Schüler einlassen, ihnen angemessen helfen und guten Unterricht halten. Letztlich treffen sie weniger ungerechte Entscheidungen. Dies steigert die Wertschätzung und die Beziehung zwischen Lehrkräften und Schülerinnen und Schülern.

Über den Gastautor:
Alexander Schmidt ist stellvertretender Schulleiter eines Gymnasiums und Lehrer-Coach. Er gibt Lehrkräften Produktivitätsmethoden an die Hand und hilft ihnen den Tagesablauf zu optimieren und ihr Stresslevel nachhaltig zu senken.
Kontakt: alexander.schmidt@startmail.com

Quellen:
Luth. Wittenberg, 21.03.2023 Alexander Schmidt
Schaarschmidt, Uwe; Fischer, Andreas W.: Lehrergesundheit fördern — Schulen stärken. Ein Unterstützungsprogramm für Kollegium und Leitung, Weinheim/Basel 2013
Kretschmann, Rudolf (Hrsg.): Stressmanagement für Lehrerinnen und Lehrer. Ein Trainingsbuch mit Kopiervorlagen, 4. Auf., Weinheim/Basel 2012

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